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Foren-Rollenspiel der Elbensippe Gurth an Glamhoth aus HdRO.
 
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 Dor Faidwen Elendessë

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BeitragThema: Dor Faidwen Elendessë   Dor Faidwen Elendessë EmptyDi Dez 17, 2013 7:52 am

Harsches Rauschen stobte gegen die geschmeidig Graue, luftiges Pfeifen ließ die Silbernen erzittern. Vom güldenen Feuer Vásas getränkter Tau legte sich zur Rast nieder, nachdem er gerade noch eifrig durch die schneidig klare Luft wirbelte, nur um in singenden Tropfen die Planken zu nässen. Schneeweiße Taue knarrten im Chor und luden Banner, Gewand und Haar zum flotten Tanz. Einsam preschte die schal schimmernde Barkasse voran in ihrem kunstvollen Wellenritt. Uin selbst wäre sie wohl zur Ebenbürtigkeit gereicht, wie sie mit ihrem mächtigen Bug der verwilderten Wogen pflügte und sie in perlende Fontänen zerstob. Anstatt zum heimatlichen Wasser zurückzukehren, glitten die feinen Tropfen hoch und höher. Und stetig schienen sie zu wachsen und sich zu sammeln, denn selbst in der zunehmenden Ferne wurden sie nicht kleiner. Hoch prangten sie und mit ihrer Größe wuchs auch ihr Glanz bis sie in Ilmen verwoben stockten und mit hellweißem Lichte die Graue in silbernen Segeln zum Leuchten brachten. Die Gischt stürmte weiter in ungestümem Staub über die Reling, träufelte nun in dünnen Fäden den Planken entgegen, ohne sie jemals zu erreichen, denn verwoben sie sich in Einigkeit zu dickeren Strängen und schließlich zu wässernen Schleiern. Schon erwartete man sie zerfallen zu sehen, und doch verweilten sie in sachter Brise.

Und plötzlich schien der fröhliche Tanz beendet. Still lag das Schiff, und nur die sanft flackernden Segel und leise ächzenden Stricke zeugten noch davon, dass es immer noch vorangetrieben wurde. Weit und immer weiter verschwanden die glitzernden Wellenkronen in der Ferne, und längst schon war das krachende Gelächter dem süßen Säuseln des Windes allein gewichen. Allein der Wasserperlenschleier wogte beharrliche auf seiner Stelle, begann sich zu dehnen und zu strecken, als wolle er seine Müdigkeit abschütteln, nur um im nächsten Moment zusammenzusacken und zu einem schrumpfenden Klumpen zu verkommen. Mit einem Ruck riss er abrupt auseinander. Ein geübter Schwertstreich hätte ihn nicht glatter trennen können. Doch nun erst begannen die beiden Brüderlichen sich aufzutürmen, in ovalen Kreisen erwuchsen sie zu Kuppen und zu Hügeln weiterhin. Einer der hellen Tropfenfetzen erwuchs beinahe zu einem Berg, wohingegen sein Bruder sich tummelte und silberne Fäden spann, die beinahe sein Ganzes umwallten und sich in den Brisen selbst zu wiegen schienen.

Die Gestirne Vardas begannen allmählich das Boot zu säumen, und mehrten sich, je weiter die Graue ins Sternenmeer voranstieß. Kein geringerer Anblick waren sie als die wachen Wasser der Meere Ardas selbst. Immer mehr versammelten sich um die Barkasse, als wollten sie Geleit sein und ihre Neugier zugleich befriedigen. Nachdem sie schließlich im Lichtermeer beinahe unterging, erschienen Carnil und Luinil all ihre Untertanen überstrahlend am Horizont, und erwuchsen stet und majestätisch. Warm verschmolzen roter und blauer Schimmer bereits in glühendem Spiel, bevor sie das Schiff erreichten. Doch trennten sie sich wiederum bevor sie jäh den Schleierberg und seinen kleineren Bruder erreichten. Beide getürmten Schleierteppiche waren mittlerweile zu wabernden Gestalten erwachsen und beinahe mochte man Glieder ausmachen; die eine immer noch kantig, eines geschliffenen Berges ähnlich, die andere in wirres Gezappel feinster Fäden gehüllt. Der Blaustern erwählte sich nun der größeren und schenkte ihr einen kalten Schatten und eine königlich gleißende Oberfläche. Der Rotfunke entschied sich hingegen für den kleineren Bruder, und gab der Gestalt einen rötlich leuchtenden Umriss, spendete den verspielten Fäden sein Feuer.

Nur einen Atemzug war ihnen beinahe Leben und Seele eingehaucht, als alles endete und ein klirrender Ruf sie aus ihrem Schlummer erweckte.


Zuletzt von Bronwethiel am So Dez 22, 2013 6:48 pm bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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BeitragThema: Tol Eressëa, nahe bei Avallóne   Dor Faidwen Elendessë EmptySo Dez 22, 2013 11:26 am

Tol Eressëa, nahe bei Avallóne


Sie war mit einem Schlag hellwach. Ihr unruhiger Blick erfasste den unfreiwilligen Störenfried sogleich, und vermochte dennoch nicht, ihn dafür zu strafen. Eine in dunkles weiß gehüllte Möwe war es, die sich zu nahe an die Küste verirrt hatte, erkannte man doch in naher Ferne ein Gewirr an aufgeregten Flügeln, die munter über einer Barkasse unweit der Küste schlugen, als wollten sie sie krönen.

Der Seevogel zog noch einige weite Bahnen um den Küstenstreifen, krächzte ein paar unverständliche Worte und gesellte sich dann schließlich doch wieder zu den Seinen.
Sie seufzte leise. Wie lange hatte sie hier geschlafen? Sie konnte in diesem Moment keine Antwort darauf finden, doch musste es einige Zeit gewesen sein. Sie fühlte sich ausgeruht; eigentlich hatte sie sich nur zum kurzzeitigen Verweilen eingeladen gefühlt, doch hatte sie das sanfte Gemurmel der nahen Wellen wohl eingeschläfert. Sie ließ ihren Blick über die einsame Küste streifen. Die Erinnerung an ihren Traum war ihr entglitten, als sie so jäh geweckt worden war, und so genoss sie einfach nur den Ausblick über das weite Meer.

Fern hinter der ruhig tümpelnden Barkasse, die sich im Gegensatz zu ihren quirligen Begleitern kaum zu bewegen schien, erstrahlten Vardas mannigfaltige Geschenke, nicht größer als winzige Adamantsplitter in ihrem irdenen Bett. Und Tilions Schiff erkannte man dort in Ilmen schwimmen, in weiter Ferne zwar, doch noch als einen der größten unter ihnen. Sein silbernes Licht jedoch war dem Meere wie den Küsten nur noch ein Funke geblieben, kaum heller als eines der Gestirne selbst, sollte sein milder Lichtschimmer viel mehr Arda allein gelten.

Sie richtete sich ein wenig auf, erhob sich aus dem weichen Bett aus Moos und Gras und Blatt, und lehnte sich an den knorrigen Stamm der Zypresse, deren feines Blattgeäst sie beschattet hatte und mittlerweile gänzlich im Dunkeln versinken ließ. Ihr Blick senkte sich derweil fort vom Himmel, der Ilmen und Vardas Sternenteppich nur noch als Erinnerung am Horizont beherbergte, über die unendlichen Meereswogen hinweg, bis hin zu den geschliffenen Kieseln, die das flache Ufer säumten und deren strahlendes Weiß sogar inmitten der Dunkelheit unverkennbar war. Begrenzt wurde das Kieselvolk durch steile Felsen, die durch stete Gewalt der Gischt ausgehöhlt und filigran geworden waren, und einem Heer an Zypressen und niederen Akazien in ihrem Rücken, die dort eng verwoben standen und selbst darüber wachen wollten, dass die gierigen Wasser keinen Kiesel mehr verschlangen, als es ihnen gestattet war.

Eine seichte Brise zog von den Wasserdünen her, gerade ausreichend genug, den verworrenen Ästen der dicht belaubten Bäume ein kraftvolles Flüstern abzugewinnen. Der gewohnt salzige Duft vermischte sich mit dem frischen und leichten der nahen Blätter zu einer eigenartigen Komposition. Ein sanftes Lächeln setzte sich auf ihr Antlitz, als sie dort in aller Einsamkeit und Ruhe saß und ihr war, als wollte sie genau diesen Fleck unter genau diesem Baum nicht mehr verlassen.

Die Barkasse war mittlerweile in aller Stille aus ihrem Blickfeld entschwunden und mit ihr auch der letzte Nachzügler der lärmenden Vogelschar.
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BeitragThema: Re: Dor Faidwen Elendessë   Dor Faidwen Elendessë EmptyDo Dez 26, 2013 8:22 am



"Vorondë ... ."

Sie schreckte aus ihrem gedankenverlorenen Sein als ihr jählings eine feingliedrige Stimme entgegendrang. Augenblicklich drehte sie ihren Blick der Richtung zu, aus der ihr der Klang zu kommen schien, dem eifrig beästelten Dickicht hinter ihr. Sie verharrte in stiller Verwunderung ein weiteres Wort oder einen anderen Laut zu erhaschen, doch vergeblich wartete sie Atemzug um Atemzug.

"Nácë ...?". "Ja ...?".

Schließlich fand sie selbst ein zögerliches Wort beinahe verschlafenen Stimmklanges, um sich im Mindesten bemerkbar zu machen.
Aufmerksam lauschte sie weiter dem vermeintlichen Gegenüber hinter Blatt- und Astwerk entgegen, doch rührte sich nichts mehr. Nicht einmal der Wind wagte zwischen den sonst so lebhaften Blättern hindurchzusäuseln. Schon war sie sich sicher, dass ihr ihre Sinne in leichtfertiger Träumerei einen Streich gespielt haben mussten, und wandte ihr Antlitz wieder der im Düsterlicht schwelgenden Küste zu. Abermals zuckte sie zusammen, ungleich heftiger dieses Mal, denn eine Gestalt stand kaum mehr als drei Handbreit von ihr entfernt. Sie warf einen gar noch dunkleren Schatten auf sie, als es es die behütende Zypresse vermocht hatte. Doch hatte sie kaum Zeit in ihrem Schrecken zu verweilen. Die schmalen Schemen der Figur verneigten sich galant.

"Omentielm' alassëa ná.",    "Unser Treffen ist mir eine Freude.",
sprach der zarte Schatten unverändert feinfühligen Tones weiter, als er sich wieder aufrichtete, und dennoch zwang ein verräterisches Dämmerlicht das Antlitz der jungen Elbe nun dazu, ihr keckes Lächeln preiszugeben. Sternenklare Augen glänzten Vorondë in milder Erheiterung entgegen, und ihre leichte Anspannung löste sich in dem Atemzug, in dem sie auch ihre Worte wiederfand.

"Thámondil ... entulit."   "Thámondil ... du bist es wieder."
"Nie wirst du wohl müde werden, dich an meinem Schrecken zu laben."


Thámondils Lächeln verformte sich beinahe zu einem verschmitzten Grinsen, als Vorondë die ersten sicheren Worte an sie richtete. Sie tönten voll der Wärme, und viel weniger des Vorwurfes, als der Erleichterung ob des Erkennens der jugendlichen Noldo. Nicht das erste Mal war es, dass sie dieses kindliche Spiel mit ihr trieb und wahrscheinlich würde es auch nicht das letzte Mal sein. Doch solange sie ihre Freude daran fand und es ihr ein derartig helles Gemüt bescherte, wollte Vorondë es ihr nachsehen. Rasch hatte sie sich erhoben, kaum, dass ihre Worte gefallen waren und neigte ihr Haupt in altgewohnter Manier. Ihre Lippen umspielte ein sanftes Lächeln, das ihren Blick miteinschloss, als er sich gen Thámondil richtete.
Die Noldo war in ein Gewand aus zartem Gelb gehüllt. Wohl hatte sie es den den Zitronenfaltern der Wegedorne an den kargen Felshängen abgerungen, und die Wahl des leichten Stoffes ließ jedwegen letzten Zweifel darob schwinden. Ihr dunkles Haar lag wie in feinem Netz gesponnen über ihre Schultern.

"Was führt dich also hierher, Thámondil ... oder ist es gar nur des Zufalls Geschick, das dich deine lautlosen Zehenspitzen abermals erproben ließ?"
"Du selbst hast mich hierher geschickt, Vorondë ... heri.",
erwiderte Thámondil unverzüglich und nicht minder strahlend grinsender Lippen.
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BeitragThema: Re: Dor Faidwen Elendessë   Dor Faidwen Elendessë EmptyMo Jan 06, 2014 4:38 am

Keinen Augenblick später fasste sie Vorondë an der Linken und verschwand schon im nahen Dickicht. Sie hatte keine andere Wahl, als ihr zu folgen, denn Thámondil hielt ihre Finger bestimmt umschlossen.

"Ánye hilya!",     "Komm mit mir!",
raschelte es ihr aus dem Geflecht der nieder gewachsenen Bäume auffordernd entgegen, und sie schickte sich an, dem Wunsch Thámondils nachzukommen. Zögerlich setzte sie ihre ersten Schritte mitten hinein in das Astwerk, sorgsam darauf bedacht weder den feinen Ästlein noch dem Stoff ihres Kleides Schaden zuzufügen. Bedacht setzte sie jeden einzelnen Tritt, um nicht an einer der unzähligen versteckten Wurzeln hängen zu bleiben, die sich mit Vorliebe aus ihrem irdenen Bett erhoben und gen der Baumkronen selbst und wahrscheinlich noch höher hinaus strebten. Gleichzeitig duckte sie sich unter die verschnörkelten Blattarme, und hatte schon bald Schwierigkeiten, mit Thámondil Schritt zu halten. Vorondë hob ihren Blick für einen Moment fort von den Unebenheiten des dämmerschwarzen Nachtbodens und blinzelte Thámondil in den Rücken. Im Gegensatz zu ihr schien sie beinahe über den Boden zu gleiten, unbedarft erhobenen Hauptes Ast und Laub der passierenden Bäume zu streifen. Und doch mäßigte sich Thámondil nicht in ihrem Schritt, im Gegenteil, es drängte sie immer weiter und zügiger zwischen die Bäume, die anstatt lichter zu werden, sich nur noch immer mehr zu horden schienen, als müssten sie ihrer Undurchdringlichkeit umso mehr beweisen, da nun die beiden Elben versuchten ihren Hain zu durchqueren. Vorondë wagte einen kurzen Blick über ihre Schulter; der Küstenstreifen war längst hinter den eng verwobenen Stämmen verschwunden.

"Na orna!",     "Rasch!",
vernahm sie nur noch in flüsterlautem Ton, bevor sich Thámondils Finger noch enger um ihre Hand schlossen und sie mitten im eiligen Tritt nach oben riss. Verdattert presste sie ihre Augenlider aufeinander und drückte ihren rechten Arm schützend vor ihr Antlitz, als das Blattwerk der gebückten Bäume sie begrüßen sollte. Ein leises "Orro" entglitt ihr aus verkniffenen Lippen, und just erwartete sie der peitschenden Ästlein.
Doch nichts geschah. Nur sanfter Windhauch küsste ihre Wangen und umspielte Leib und Füße. Als sie Thámondils zutiefst erheitertes Kichern erlauschte, öffnete sie ihre Augen immer noch im Schutze ihres rechten Armes. Wehenden Haares eilte Thámondil voran und kein Blatt wagte es, an dem Stoff ihres Kleides zu schmeicheln, oder ihrer Haut zu ertasten. Und Vorondë erging es ebenso. Achtsam beugten sich die frechen Blätter, streckten sich die gierigen Äste und glitten die strebsamen Wurzeln beiseite. Umsonst war Vorondë um flinke Vorsicht besorgt gewesen, denn der engen Baumstämme waren nicht versammelt um ihrer beider Weg zu hindern, viel mehr um ihn im Tanze wiegend zu geleiten. Mühelos huschte Vorondë nun durch den geduckten Wald, und musste nun selbst leise glucksen. Der Bäume Fügsamkeit faszinierte sie, wie sie sich leise knisternd bewegten, gerade nur so viel, um den beiden elbischen Gestalten keinen Schaden zuzufügen.

"Manna lelyalvë?",           "Wohin gehen wir?",

entfuhr es ihr schließlich, als Thámondils raunendes und zugleich fragiles Kichern endete. Doch anstatt einer Antwort erwarteten Vorondë nur noch hastigere Schritte, denn der knorrige Wald begann sich zu lichten. Allmählich nur, doch sichtlich zunehmend wuchsen der Stämme an Höhe und Breite, und mehr Platz forderten sie ein für ihr Laub- und Wurzelvolk. Thámondil, sprang ihre Hand immer noch eng um Vorondës geschlungen, behände vom einen riesenhaften Schatten zum nächsten, und überquerte mit einem kleinen Satz einen quirligen Waldbach. Weder Murmeln noch Flüstern drang aus seinen Wassern, denn sein Lauf war weich gebettet auf ausgedientem Laub und Nadelwerk, und gut hielt er sich bedeckt mit netzartigem Gras und Farn, sodass nur ein Wissender ihn wiederfinden konnte.

"Avallónenna.",            "Nach Avallóne.",

erwiderte Thámondil dann kurz, als wäre das Ziel ihres eiligen Spaziergangs nie außer Frage gestanden, in dem Moment, in dem sie sich einen Atemzug Rast gewährte, um auch Vorondë den Bach sicher queren zu lassen. Vorondë blieb keine Zeit, zu ergründen, wieso sie nicht einfach einen der beleuchteten Pfade gewählt hatten, denn kaum hatte sie nur einen Fuß jenseits des Baches abgesetzt, zerrte sie die junge Noldo schon weiter. Unweit des Baches endete der Wald abrupt in einer nahtgleichen Linie, und Thámondil führte sie durch eine nach nächtlichem Sommer duftende Wiese. Der müden Blüten strahlende Farben waren in diffizilste Grautöne getaucht; und ihre gefalteten Kronen schienen auf dem dunklen Bodenmeer zu schwimmen, als sanfte Brisen sie in ihrem Schlummer wiegten. Nicht lange dauerte es nun, da sie das Meer aus Halmen und Blättern durchquert hatten, denn keine Mühe war es nun mehr für die beiden Elben.
Und dort, hinter einer unscheinbaren Erhebung des seichten Wiesenozeans, erhoben sich aus dem Nichts heraus die feingliedrigen Zinnen Avallónes, der Muschelstadt.
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BeitragThema: Re: Dor Faidwen Elendessë   Dor Faidwen Elendessë EmptyDo Jan 23, 2014 9:40 pm

Im Westen und Osten zwischen hohes Klippengestein gebettet; in den Weiten des Nordens ummantelt von Flur und Wald soweit das unerhöhte Aug' blicken mochte; im Süden hin den Seewassern zugetan, die sich eng an Klippen und Hafenbecken schmiegten. Die Stadt erglühte im hellen Licht der Lampen, und mannigfaltig schimmerten die blaugrauen Dächer. Das weithin strahlendste Licht erwuchs allerdings fern der Stadt selbst; mitten aus den Meereswogen vor der Hafenbucht schien es sich emporzustrecken und glänzend überragte es die nahen und fernen Klippen. Ein mächtiger Leuchtturm, ein steter Begleiter und Gruß an die Vorüberziehenden, ein Band der Sicherheit an die Heimkehrenden unter dem sternenfernen Himmel.

Sie bahnten sich einen geschwungenen Pfad durch das Gräserdunkel, das nun angesichts der Lichter noch düsterer schien als bereits zuvor, und trafen schon bald auf einen der befestigten Pfade, dessen eines Ende sich weiter ins Landesinnere hineinwand und an den gräsernen Dünen anschmiegte, bis es in der Ferne in sie abtauchte. Die beiden Elben wandten sich nun jedoch dem kürzeren der beiden Wege zu. Leicht trugen sie ihre Schritte über den sich sanft die Hügelkuppe hinabsenkenden Boden. Der Wegrand, geziert von bläulichen Perlmuttsplittern, verschwamm unscheinbar mit naher Grasnarbe und Baumwurzeln, und prangte umso mehr an lampenerleuchteten Flecken.

Gesunden Trittes schritten sie voran, den wenigen Windungen des Pfades unbeirrbar wie Tropfen ihrem Bachlauf folgend, bis sie das östlichste der beiden großen Tore erreichten. Beinahe schien es selbst wie ein Leuchtfeuer, so sehr die Vielzahl der Lampen den Torbogen zum Glühen brachte. Er funkelte in melierten Blau- und Grautönen, denn rundherum vom Boden bis zur Spitze war er in Muschelperlmutt gehüllt, das jeden Zentimeter seines steinernen Kernes ummantelte. Die Angeln des Bogens lagen leer, und entweder hatten sie schon lange keine Tore mehr getragen oder sogar noch nie. Breit waren die Fundamente ausgesetzt, und umso filigraner schien sich die zulaufende Spitze nach oben zu schwingen. Einsam stand er dort, um des Weges zu wachen und der Grenze Avallónes zu kündigen, denn kleidete ihn keine hochragende Mauer. Lediglich wuchsen dort einige Zypressen aufgereiht wie an einer Perlenkette, doch niedriger als der blaue Bogen, und einige ausgewählte selbst Lampen tragend.

Sie betraten die Stadt. Vom Torbogen aus fiel der Boden weiterhin sanft ab; in aller Geduld neigte er sich der Meeresbucht entgegen. Ein prächtiger Anblick offenbarte sich ihnen. Taghell war die Stadt erleuchtet und weit ließ sich der Blick richten. Von hier aus konnte man ohne Umschweife erkennen, dass die Häuser, Türme und Gärten sich in allmählich absenkenden Terrassen sortierten, die vielfältig und doch geradlinig verknüpft waren und deren Pfade sich zu den Häfen hin bündelten, als wären es inbrünstige Strahlen eines Sternes.

Thámondil und Vorondë hatten die meiste Zeit schweigend verbracht. Vorondë hatte ihre Fragen für sich behalten, zumal Thámondil wohl Gefallen an ihrer Geheimniskrämerei gefunden hatte und nur ausweichende oder knappe Antwort fand. Es würde sich sowieso erübrigt haben; nun, da sie Avallóne erreicht hatten, würde Thámondils allzu wohlgehütetes Geheimnis sich alsbald entfalten. Vorondë lächelte gemessen bei diesem Gedanken, als sie ihren Blick einige Atemzüge lang auf Thámondil legte.
Diese schien davon nichts zu bemerken, oder sie gab es nicht zu erkennen, denn freimütig und nicht weniger zielstrebig führte sie Vorondë durch luftige Alleen.

Sie kreuzten eine lange Reihe von schlanken Fliederbäumen, die den Lampen über ihnen entgegenstrebten. Sie alle trugen feiste Blüten zur Schau, die sie nur mit aller Kraft in die Höhe stemmten. Dicht lag der feine Duft in der Luft und tränkte nicht nur diese Straße. Eifriges Gezitter und Gebrumme ließ so manche Dolde erbeben, denn der süße Nektar lockte die fleißigen Arbeiter einfach zu sehr. Einige lichte Gassen später durchquerten die beiden einen weiteren Torbogen, der sichtlich kleiner gehalten war, als der erste, der den Zugang zur Muschelstadt angekündigt hatte. Nicht weniger kunstvoll glänzte er ihnen jedoch entgegen. Meeresklares und silbergraues Perlmutt kleidete ihn in derselben Art und Weise. Ebenso waren seine einzigen Begleiter lampengekrönte Zypressengewächse, die durch ihr verästeltes Blattwerk alleine eine Terrasse von der nächsten trennten. Insgesamt sollten sie sieben verbrüderte Bögen queren, bevor sie die Hafenbucht selbst erreichten.


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Aquarellskizze Avallóne
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BeitragThema: Re: Dor Faidwen Elendessë   Dor Faidwen Elendessë EmptyDo März 06, 2014 1:32 am

Ein lichtdurchfluteter Platz öffnete sich ihrem Blickfeld, als sie die Straße zu ihrem Ende führte. Breit war er angelegt und mannigfaltige Docks standen den Schiffen zur Rast zur Verfügung. Die biederen Sandsteingemäuer mit ihren konvexen Perlmuttdächern wichen mit einem Mal der weiten Hafenfläche. Doch lag sie nicht einsam zu der nächtlichen Stunde; waren die Straßen und Gassen Avallónes schon beseelt gewesen von lebhaftem Treiben, umso emsiger war das Gewirr an Stimmen und Klängen auf der Hafenebene. Glatt war der sandige Fels unter ihren Füßen geschliffen, als Thámondil und Vorondë sich zunehmend langsamer unter die dort Weilenden mischten. Viel mehr als den in irdenen Gelbtönen erstrahlenden Boden konnte Vorondë zunächst auch nicht erkennen, als sie sich ihren verschlungenen Pfad durch die Anwesenden bahnten. Dies war nicht nur der Hafen der Stadt; der Kai war im selben Maße Umschlagplatz und Ort geselligen Aufeinandertreffens, und doch schien er wesentlich belebter als Vorondë es zu dieser Stunde gewohnt war. Sie mäßigte einige Momente ihre Schritte, als sich zu ihrer Seite wie aus dem Nichts heraus das gezähmte Seewasser auftat. Es schmiegte sich an das melierte Farbenspiel des Sandsteins als wollte es von dessen kräftiger Farbe kosten, wagte nur eine sanfte Berührung ohne ihn verschlingen zu wollen. Nichts war zu sehen, noch zu hören von der ungestümen Art der wilden Wasser unweit der Küsten. Nur, wenn man Achtung darauf verschenkte, mochte man eines braven Plätscherns lauschen. Vorondë drängte sich ein unwillkürliches Lächeln auf die Lippen; es waren doch ein- und dieselben Wasser. Dieselben Tropfen, die hier leise und unbescholten ruhten, sollten andernorts in tosendem Gebrüll Gehölz und Gestein zerbersten lassen. Ihre Gedanken schwammen kurz zu Ossë und Uínen, die der Wasser ihre zwei Gesichter und wundersame Einigkeit im selben Zuge schenkten. Sie wollte sich gerade wieder Thámondil zuwenden, doch war sie nicht mehr dort, wo sie sie zuletzt gesehen hatte. Wohin war die Leichtfüßige nun wieder verschwunden?
Vorondë ließ ihren Blick kurz durch die nahe Menge eilen, versuchte ihr zitronengelbes Gewand irgendwo zu erhaschen. Ein glückloses Unterfangen wäre es, Thámondil auf ihrem verworrenen Weg blind nachzueilen, zumal sie gar nicht wusste, wohin sie sie nun eigentlich führen wollte. Sie beschloss also zu warten. Thámondil würde sicher wiederkehren, sollte sie einmal in ihrer Hast bemerkt haben, dass Vorondë ihr nicht mehr folgte.
 
Ein salziger Lufthauch kitzelte das Hafenbecken und ermutigte feinsten Felssand tonlos über die geschliffene Ebene zu tanzen. Unverdrossen bestäubte ein Körnchen nach dem anderen Vorondës Schuhwerk und den Saum ihres Kleides. Im freundlichen Licht der Lampen erglänzte der Sand beinahe wie güldener Staub. In einigen abgelegenen Ecken wirbelte der Sand über die Fassaden der am Rande liegenden Häuser hinauf als wäre es ein Wettstreit sich zu beweisen, welches der Körnchen am höchsten fliegen könnte. An den Kais selbst trieben sie ein ähnliches Spiel bei den gebundenen Segeln der ruhenden Barkassen. War es nun der Wind, der dem versammelten Elbenvolk in Rastlosigkeit dieses Nachts nicht nachstehen wollte? Oder war es gar anders herum?

Ihr Blick glitt mit dem luftgetragenen Sand weiter. Einige wagemutige Körner hatten selbst das Spiel mit den Segeln verlassen und sich über die Meereswogen hinaustragen lassen. Dort in der Ferne strahlte das Leuchtfeuer Avallónes wie am Firmament prangend auf der mächtigen Felssteinstele. Tief unter ihr rangelten die Wellenkronen darum, welche von ihnen am meisten im Licht gleißte. Dieser Kampf fand nie ein Ende, auch wenn er manchmal heftiger ausgetragen wurde und ab und zu beinahe einzuschlafen schien.

Unversehens zog ein Schatten auf. Er drängte sich zwischen die Wellen, die ihn zunächst noch flackernd zu besiegen schienen. Doch es dauerte nicht lange und er wuchs stetig an Größe und Mächtigkeit. Immer mehr Silbergekrönte versanken in dem zunehmenden Dunkel. Mit einem Mal jedoch wirbelte er herum und bot ein vollends andersartiges Bild. Es war kein Schatten, im Gegenteil, eine silberweiße Barkasse erstrahlte im Schein des Leuchtfeuers noch fern des Hafenwassers. Schneidig glitt sie über die Wellen, die sie eilends herantrugen. Eine frische Bö füllte ihre schneeweißen Segel, die nicht minder strahlten, wie die Planken selbst.
Und sie war nicht allein gekommen. Hinter ihr tauchten zwei weitere winzige Schiffe aus dem Wellenkranz auf. Schon hatten sie das Leuchtfeuer selbst passiert, und waren den ruhigen Hafenwassern nahe. Jedes der Schiffe trug eine helle Lampe am Bug, und die Bannerwimpel flackerten einen eifrigen Gruß aus der nahen Ferne. Die Minuten flossen zäh und Vorondë vermochte nicht ihren Blick abzuwenden. Dies waren keine Fischerboote, wie sie hier so zahlreich an den Docks lagen. Zu hoch reckten sich ihre Masten und zu fleißig wurden sie von den gewaltigen Wellen getragen. Die erste, und größte der Barkassen erreichte schließlich die Ausläufer des Hafens und wurde in das sämige Lampenlicht gehüllt. Der güldene Schnabel erglühte, die tiefschwarzen Augen blitzten auf, von den silbernen Federn perlte die Gischt, und beinahe lautlos trieb sie auf die Kais zu, die erste der drei Botinnen Alqualondës.
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